Bericht über den

Fachtag 2025

Palliativversorgung: Auf das Morgen vorbereitet

30. April 2025

Am 30. April 2025 ab 9 Uhr war es soweit: Wir öffneten die Türen des Bildungszentrums Hospitalhof Stuttgart für die rund 400 Teilnehmenden unseres jährlichen Fachtages. Der 16. Fachtag der Elisabeth-Kübler-Ross-Akademie trug den Titel "Palliativversorgung: auf das Morgen vorbereitet". Wir haben zusammen mit den Referentinnen, Referenten und den Teilnehmenden einen Blick auf die täglichen Anforderungen und Herausforderungen geworfen, um diesen auch in Zukunft gerecht zu werden.

Die Vorträge und Foren wurden gestaltet von Priv.-Doz. Dr. Piret Paal, Prof. Dr. Raymond Voltz, Dr. Sylvia Brathuhn und Dr. Margit Gratz. Zudem wurden wir wieder wunderbar unterstützt von

Mike Schweizer war es auch, der mit seiner improvisierten Musik den inhaltlichen Teil des Fachtags eröffnete, bevor Susanne Haller, die Leitung der Elisabeth-Kübler-Ross-Akademie, anschließend alle Anwesenden begrüßte.

In diesem Jahr feiert die Akademie ihr 20-jähriges Jubiliaum. Im Jahr 2005 wurde die Akademie gegründet. Susanne Haller erinnerte an die erste Akademie-Leitung, Annedore Napiwotzky, die im Herbst vergangenen Jahres verstorben ist. Sie hat die Akademie aufgebaut und zu dem gemacht, was sie auch heute noch ist.

Susanne Haller betonte unter anderem, dass auch das Innehalten ein Teil der Arbeit und wichtig ist. Zudem merkte sie an, dass Palliativversorgung nie stehen bleiben darf, um eine gute Versorgung der Patient*innen zu gewährleisten.

Damit übergab Sie das Mikrophon an die erste Vortragende Priv.-Doz. Dr. Piret Paal für ihren Vortrag.

Vortrag 1: "Die Zukunft der Palliativversorgung: Kolonialismus und kulturelle Angemessenheit" mit Priv.-Doz. Dr. Piret Paal

Der Blick in die Zukunft macht ganz deutlich: Der Anteil älterer Menschen wird stark zunehmen und damit geht einher, dass für diese auch mehr Gesundheitspersonal benötigt wird als heute. Das macht den ohnehin schon bestehenden Fachkräftemangel noch kritischer. Piret Paal verdeutlichte, dass - um all diese Menschen gut versorgen zu können - es nicht ausreicht, entsprechende Institutionen zu haben, sondern auch Aspekte wie die Verfügbarkeit von Medikamenten (hier bestehen zum Beispiel schon innerhalb Europas massive Unterschiede), Versorgungsstrukturen und der tatsächliche Bedarf mitgedacht werden müssen. Von der WHO wurden Qualitätskriterien erstellt, mit Hilfe derer überprüft werden kann, auf welchen Stand die Palliativversorgung weltweit ist.

Piret Paal sieht Weiterbildung als wichtige Säule, um die Fachkräfte auf die zukünftigen Herausforderungen vorzubereiten. Denn das Verständnis über die Vulnerabilität ist wichtig, um handlungsfähig zu bleiben.

Da unsere Gesellschaft immer vielfältiger wird, zog sie als Fazit, dass diese anzuerkennen ist und sie empfahl, ein Diversity-Management aufzubauen. Denn das Gefühl kultureller Sicherheit ist geprägt dadurch, dass die Fachkräfte die einzigartige kulturelle Identität der Gepflegten anerkennen. Ohne diese Akzeptanz entsteht das Risiko, der erkrankten Person nicht die bestmöglichste Versorgung zukommen zu lassen.

Nach einer Pause, während der die Teilnehmenden beim Info-Tisch von der Elisabeth-Kübler-Ross-Akademie, bei WALA oder den Bücherverkäufen durch die Buchhandlung Pörksen, dem OVIS-Verlag sowie dem hospiz-Verlag stöbern konnten, folgte der Vortrag von Prof. Dr. Raymond Voltz.

Vortrag 2: "Umgang mit Todeswünschen" mit Prof. Dr. Raymond Voltz

Raymond Voltz gab den Teilnehmenden des Fachtags während seines Vortrags einige prägnante Hinweise und Tipps in Bezug auf den Umgang mit Todeswünschen mit auf den Weg. Er empfahl, Personen, die einen solchen Wunsch äußern, mit Offenheit und Entspannung zu begegenen - mit dem Ziel, möglicherweise die Gedanken wieder zu öffnen für andere Alternativen. Er betonte, dass Gedanken an und Äußerungen von Todeswüschen nicht verhindert werden können und sollen und dass ein Gespräch darüber Teil einer guten Hospiz- und Palliative Care-Arbeit ist. Die Äußerung eines solchen ist stehts ein Beziehungsangebot des Gegenübers!

Er erläuterte die verschiedenen Formen von Todeswünschen, die sich hinsichtlich des suizidalen Handlungsdrucks unterscheiden. Zudem gab er zu Bedenken: "Wer sich umbringen will, macht das. Es ist nicht unsere Schuld. Aber wir müssen Angebote machen."
Daraus folge die Frage, wie die Fachkräfte mit Personen sprechen, die einen Todeswunsch äußern und wie (auch in den Einrichtungen) damit umgegangen wird. Er empfahl als Ziel von Gesprächen mit Patient*innen mit Todeswünschen einen offenen Ansatz: zuhören und Fragen im Kopf zu haben wie zum Beispiel der Hintergrund des/ der Erkrankten und wie groß der tatsächliche Handlungsdruck eingeschätzt wird.

Zum Mittagessen servierte das Kulturwerk ein fruchtiges Ratatouille mit wahlweise Reis oder Bulgur. Das sonnige Wetter lud ein, im Innenhof des Hospitalhofs zu sitzen und dort bei einem Kaffee vom Café Hibou die Wärme und die angeregten Gespräche zu genießen. So gestärkt für den Nachmittag verteilten sich die Teilnehmenden nach der Pause auf die vier Foren.

Foren

Forum 1

Forum 1: "Frauen in der Pflegeökonomie - Rollenbilder und Einsamkeit" mit Priv.-Doz. Dr. Piret Paal

Das Forum wurde von Piret Paal sehr interaktiv gestaltet, beispielsweise mit einem gemeinsamen Braunstormin zum Thema "Ein Wort, dass meine Erfahrung in der Pflege beschreibt".
Sie stellte unter anderem zu ihrem Thema "Frauenbilder in der Pflegeökonimie" das Eisbergmodell so vor, dass sich auf der über dem Wasser sichtbaren Spitze hauptsächlich weiße Männer befinden und auf dem großen, unsichtbaren Teil Frauen, die einen Großteil der Care-Arbeit leisten.
Nach dem Blick auf Rollenbilder war es ihr wichtig, zu betonen, dass diese vielen Frauen sich solidarisieren und die Männer dabei die Rolle der Unterstützer einnehmen sollten.

Forum 2

Forum 2: "Umgang mit Todeswünschen - Vertiefung" mit Prof. Dr. Raymond Voltz

Es waren sehr intensive zwei Stunden mit einer Reflexionsübung. Zuerst haben wir gemeinsam Sätze gesammelt, die einen Sterbe- oder Todeswunsch beinhalten (können).
Dann haben wir die Rolle der Begleitenden eingenommen: Wie fühlen sich die Sätze an? Welche Gedanken und welche Gefühle kommen? Wie möchte ich gerne reagieren und was darauf sagen?
Anschließend haben wir uns selbst in die Situation hineinversetzt, in welcher wir einen Sterbe- oder Todeswunsch spüren: Was erwarten wir vom Gegenüber? Wie wirken Reaktionen und Äußerungen?

Die Auseinandersetzung aus den verschiedenen Perspektiven hat alle sehr angeregt zum Nachdenken und die Bedeutung der individuellen Auseinandersetzung mit dem Thema „Umgang mit Todeswünschen“ aufgezeigt.

Forum 3

Forum 3: "Dem Wortwinter begegnen - Kommunikation angesichts existenzieller Not" mit Dr. Sylvia Brathuhn

Sylvia Brathuhn ging in ihrem Forum zusammen mit den Teilnehmenden der Frage nach, was die Kommunikation mit schwer kranken und sterbenden Menschen so schwierig macht und wie Begleitende ins Sprechen kommen können.
Was sprachlos machen kann, ist, dass zwar das Wissen, dass auch der Tod für einen selbst unumgänglich ist, vorhanden ist, dieses aber im Alltag verdrängt wird. Das Wissen darüber und tatsächlich in der Situation zu sein, ist ein großer Unterschied. Für Begleitende gab Sylivia Brathuhn die Hinweise, dass Geduld und Zeit in der Kommunikation wichtig sind und die Trauer des Gegenübers nicht aufgebrochen werden sollte. Die Begleiteten wollen verstanden werden. Dazu müssen die Begleitenden keine Antwort auf alles parat haben - Sylvia Brathuhn sprach von "Beantwortungszurückhaltung".

Forum 4

Forum 4: "Spiritualität am Lebensende - ehrenamtliche und berufliche Perspektiven für Begleitende und Betroffene" mit Dr. Margit Gratz

Die Frage, wer für Spiritual Care zuständig ist, beantwortete Margit Gratz damit, dass spirituelle Nöte - verbal oder oft auch nonverbal - nicht gegenüber einer bestimmten Berufsgruppe, sondern gegenüber Menschen, denen vertraut wird, geäußert werden. Ehrenamtliche sind hier natürlich nicht ausgeschlossen. Um den Begriff der Spiritualität (und damit verbunden der Spiritual Care) besser zu fassen - Spiritualität ist das, was der Patient/ die Patientin als solches benennt - stellte Margit Gratz die umfängliche Definition der EAPC vor sowie die Begleitungsaspekte nach Angelika Feichtner und die Geisthaltungen von Monika Müller.

Sie betonte, dass es manchmal Aufgabe sei, mit auszualten und Begleitende auch zugeben dürfen: "Ich weiß gerade nicht, was ich sagen/ machen soll". Wichtig ist das Zuhören und Dasein. Zudem sollte niemandem die eigene Sichtweise übergestülpt werden, sondern es geht darum, den Gegenüber dabei zu unterstützen, die eigenen Antworten für die spirituellen Fragen in sich selbst zu finden.

 

Nach einer Kaffeepause versammelten sich alle Teilnehmenden nochmals im Plenum. Andreas Herpich, Carola Riehm, Annegret Elmiger und Kirsten Allgayer gaben jeweils in kurzen Zusammenfassungen einen Einblick in die Foren.

Mit dem Hinweis auf unseren nächsten Fachtag am 22. April 2026 zum Thema Trauerbegleitung verabschiedete Susanne Haller alle Teilnehmenden.

Ein großes Dankeschön an alle, die uns rund um den Fachtag unterstützt haben und damit zu diesem schönen Tag beigetragen haben!